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Der frühere Suezkanal

 

Während der ganzen Zeit der Fatimidenherrschaft in Ägypten, wuchsen die Palaststadt al-Qahitra und die eigentliche Stadt al-Fustat Misr nie zusammen. Al-Qahira lag isoliert in freiem Gelände. Zwischen Mukattam und de östlichen Mauer erstreckte sich Ödland, auf dem der Kalif al-Hakim (996-1021) Erde aufschütten liess, um die Stadt vor den Giessbächen zuschützen, die bei Regen von den Hängen des Berges strömten. Vor der Westmauer verlief der grosse Kanal (al-halig al kabir) der den Nil, und damit das Mittelmeer mit dem Roten Meer verband.

Er verlief von Kairo aus zuerst in nördlicher Richtung, am Rande des Nildeltas entlang, weiter durch das Wadi Tumilat, wahrscheinlich etwa dem Verlauf des heutigen Ismailya Kanals entlang und mündete in den Timsah-See nördlich der Bitterseen. Dann im Verlauf des heutigen Suezkanals, in südlicher Richtung, nach al-Qulzum (Suez).

 

Der Kanal ging auf die Antike zurück. Schon Pharao Necho II (610-595 v.Chr.) hatte nach Herodots Berichten eine Verbindung zwischen dem östlichen Nilarm und dem Roten Meer graben lassen. Die Ptolomäer hatten diesen Kanal später bis in die Nähe von al-Fustat verlängert. Der spätere Kaiser Trajan (98-117) erneuerte den Kanal und von da an nannte man ihn Trajanos potamos.

Als die muslimischen Araber das Land am Nil erobert hatten (642), war eine der bedeutendsten Massnahmen des ersten Gouverneurs Amr ibn al-As, den versandeten Kanal wieder schiffbar zumachen. Die künstliche Wasserstrasse, die man nun zu ehren des Kalifen Umar „halig amir al-mu’minin“, Kanal des Befehlshabers der Gläubigen, nannte, diente der Versorgung von Mekka und Medina mit ägyptischem Getreide. Der Fatimidenkalif al-Halig lies den Kanal, nachdem er später wiederverschüttet war, wenn auch nur in der Umgebung Kairos neu eröffnen ujnd hiess fortan al-Halig al-Hakmi oder einfach al-Halig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In fatimdischer Zeit lag die Mündung es Kanals in den Nil etwas westlich des heutigen Midan as-Sayyda Zeinab. Als sich das Nilufer um einige hundert Meter nach Westen verlagerte, wanderte auch der „Mund des Kanals“,fam al-Halifg, nach Südwesten in das noch heute so genannte Viertel gegenüber der Insel Roda. Der Verlauf des Kanals ist noch im Zug der Strasse, Sharia as-Sadd al-Barrani, al-Halig al-Misri, und Port Said zu erkennen.

 

Entlang der westlichen Mauer der Palaststadt führte der Kanal. Dahinter lag unbebautes Gartengelände bis hin zum Nil. Zwischen der Mauer und dem Kanal lag ein schmaler Uferstreifen, der der Bevölkerung zu allerlei Lustbarkeiten diente. Vor allem während der Nilschwelle, wenn auch der Kalif vom östlichen in den westlichen Palast übersiedelte, um vergnügliche Bootspartien auf dem nun wasserführenden Kanal zu unternehmen. Später erbaue der Kalif al-Aziz auf dieser Festwiese ein reich geschmücktes Belvedere, das „die Perle“ hiess. Von hier aus konnte der Kalif dem Treiben des Volkes auf dem Kanal und an seinen Ufern zusehen.

Die Zeit, (969 bis 1171 n. Chr.) in welcher die Familie der Fatimiden über das Land am Nil herrschte,  gehörte zu den glänzendsten Perioden der Geschichte Ägyptens in islamischer Zeit. Das Imperium der Fatimiden reichte zeitweise vom Magrib und Sizilien bis zum Jemen und zum Euphrat. Ägypten wurde unter ihrer Herrschaft zur Drehscheibe des damaligen Welthandels und damit stieg die von ihnen gegründete Residez Kairo zur wichtigsten Metropole der islamischen Welt auf.

 

 

Hans Wüthrich

 

Al-Qahira

 

Aus der Geschichte einer

Stadt

 

Der frühe Suezkanal

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