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Buddhas Business
Huang Yuanjing
Deutsch: Hans Wüthrich
Die heutigen modernen Praktiken wie zum Beispiel hohe Eintrittsgebühren gehen gegen den Strich der Heiligen Überzeugung.
Nyima Dorjee Rinpoche, Abt vom Kloster Palden Ningye begab sich im Oktober auf eine Pilgerreise, die die Tibeter «Handi» nennen, was lose übersetzt «ethnisches Land der Han» bedeutet. Er ist auf einer heiligen Mission, den Berg Wutai in der Nordchinesischen Provinz Shanxi zu besuchen.
China hat vier Berge, die den Buddhisten heilig sind. Der meist besuchte unter ihnen ist der Berg Wutai. Für Nyima ist es ein ganz besonderes Reiseziel. Es ist der «Sitz des Erwachens» für Manjusri, ein Bodhisattva (erleuchtetes Wesen) der Weisheit. Nyima glaubt, dass er als sein Mentor wiedergeboren wurde. Für den weitgereisten, 38-jährigen Mönch ist dieser Ort eine von vielen Wallfahrten auf der Suche nach endgültiger Weisheit.
Ein Gefühl von Erfüllung und Erleuchtung kommt über Ihn, als er dem Tal der Klöster begegnet. Nyima zollt den Sutren seinen Respekt und reinigt sich selbst sorgfältig, bevor er den Berg betritt.
Und nun beginnen die Dinge schief zu laufen. In einem besonders grossen Kloster sieht er zwei Mönche sitzen, wie zwei Bosse, mit ihren Füssen auf den Stühlen. Er fragte sie, welches Kloster nun das älteste sei. Sie wissen es nicht. Dann erkundigt er sich nach dem Unterschied zwischen dem Han und dem tibetischen Buddhismus. Auch das wissen sie nicht.
Nyima fragte ob sie konvertiert seien. Als Antwort zeigen sie ihm lediglich das Umwandlungszertifikat, das sie in ihren Brusttaschen trugen. Über die wahre Bedeutung des Glaubens sind sie ahnungslos, sagt er.
„Sie wissen nichts!“ ruft Nyima aus, lauter als normal. „Beim Konvertieren geht es nicht um Papiere, es geht um hier,“ sagte er und legt seine Hand auf die Brust. „Diese Tempel sind so grossartig, aber es gibt keinen Buddha oder Buddhas Weg in ihnen. Sie sind hohl.“
Nyima verlässdt Mount Wutai ent-täuscht und traurig. „Dies geschieht in der Untergangsära des Buddhismus,“ meint er.
Die Untergangs-Ära wird oft als Grund zitiert für die Übel des Buddhismus in der heutigen Zeit.
Noch bevor Buddha das Nirvana erreichte, prophezeite er den Untergang seiner eigenen Religion in drei Phasen. Die erste Phase entspricht den ersten tausend Jahre, in denen ein blühender Buddhismus wächst und gedeiht. Die zweite Phase ist die 1000-jährige Reflexion über die erste Phase und das dritte Jahrtausend ist der Untergang.
Zur heutigen Zeit sieht es in China besonders entmutigend aus. Für viele Chinesen ist das traditionelle Bild eines buddhistischen Mönchs so etwas wie ein Heiliger: Dünn, würdevoll und ein vertrauenswürdiger Führer bei spirituellen Themen – vielleicht sogar mit einer Psyche mit übernatürlichen Kräften. Aber vor allem sollten sie weder Geld wollen noch Geld haben.
Dieses romantisierte Bild verursacht Antipathie gegenüber vielen modernen chinesischen buddhistischen Mönchen von heute.
Zunächst einmal muss ein ordentlicher Pilger recht wohlhabend sein, um ein Kloster zu besuchen.
Die meisten Tempel verlangen Eintrittsgebühren. Einige von dehnen sind hoch genug, um die meisten Pilger von regelmässigem Besuch auszusperren. Bei jedem Tor, jeder Halle findet man eine Spendenbox. Wenn Sie ein Kloster betreten, werden sie oft gezwungen eine Kerze zu spenden oder sie setzen ihren Familiennamen auf einen Zettel für eine Zeremonie mit Mönchen, welche ihnen Garantie bieten für Glück und Reichtum.
Inzwischen, als nun China reicher und reicher wird, geben Gönner des Buddhismus immer grosszügigere Opfergaben. In einigen wohlhabenden Klöster fahren Äbte einen BMW, Audi oder sogar einen Porsche – Geschenke von wohlhabenden Schirmherrschaften mit jetzt sicherlich einem spektakulären Karma.
Shi Yongxin ist Abt des Shaolin Klosters in Zentralchinas Henan Provinz und möglicherweise der bekannteste Mönch in ganz China. Gemeinhin wird er «CEO von Shaolin» genannt, weil er mehr als 10 Unternehmen unter dem Namen Shaolin gegründet hat.
Für die Einen hat der Tod des romantischen Ideals einen Verlust im Glauben verursacht. Für andere hat sich die Wahrnehmung des Buddhismus zu gierigen Mönche, teurer Weihrauch und Touristische Hotspots verändert.
Ja, in der Tat, das ist das Jahrtausend des Untergangs. Wie kam es den dazu? Ein Mitglied der Peking-Buddhistischen Vereinigung, Gao Xiang, eine wohlbekannte online Persönlichkeit für seine Buddhismus Befürwortung, glaubt, dass es der Preis sei der modernen Welt.
Es ist nicht so, dass die Klöster sich kommerzialisieren wollen – sie müssen. Sie sind gezwungen. Die lange Geschichte des Buddhismus und sein Wandel hatte zu Gaos Ansicht geführt; Eine Ansicht die viele teilen.
Mit Ausnahme einiger wenigen Klöster von unübertroffenem historischen Wert wurden die meisten Tempel in andere Gebäude umgewandelt oder in den 1970er Jahren in Schutt und Asche gelegt. Vor 1949 gab es in Peking mehr als 700 Klöster innerhalb der heutigen Zweiten Ringstrasse. Heute gibt es noch deren 20.
In den 80er und 90er Jahren des letzten Jahrhunderts stellten sich neue Herausforderungen ein. Gerade als der Buddhismus sich in China zu erholen begann, stellte das Geld eine neue Hürde dar.
Der Tourismus, der vorher kaum existierte, wurde der letzte Schrei. Der Han-Buddhismus, vor allem der Chan Zweig (in Japan bekannt als Zen), hat eine Tradition der Abgeschiedenheit und Einsiedelei. Sie versuchten ihre Traditionen möglichst weit weg vom Trubel, in versteckten Klöstern in abgelegenen Bergregionen zu leben.
Abt Haixin, stellvertretender Vorsitzender der Shanxi Buddhism Association, war gerade Mönch geworden, als in den 1980er Jahren die Nachricht kam, dass Mount Wutai eine Eintrittsgebühr von 0.20 Yuan zu erheben hat.
Heute können die Eintrittsgelder einiger chinesischen Tempel und Klöster für manche Pilger unerschwinglich sein. Enttäuscht und verbittert verlassen sie die Bezirke. Heute kostet der Eintritt zum Mount Wutai in der Provinz Shanxi, 238 Yuan ($38.-). Die Shaolin Kloster verlangen eine Gebühr von 100 Yuan und der Besuch vom Nanshan Kloster in der Provinz Hainan kostet 170 Yuan, um nur einige zu erwähnen.
Aber während die meisten Klöster kaum die grosse Schuld tragen sind sich die wenigsten bewusst. Die meisten Mönche und Nonnen sind gegen Eintrittsgelder und richten an jedem Buddhistischem Nationalkonvent eine Petition gegen die Gebühren.
Shi, vom Shaolin Kloster hat die Zentralregierung gebeten, die Gebühren, welche seit über 10 Jahren erhoben werden, abzuschaffen, weil sie den über 1’000-jährigen Wallfahrtspfad und die Pilger blockiert. Er hatte keinen Erfolg, seine Petition wurde blockiert. Denn 70% der Gebühren zum Betreten des Shaolin Klosters gehen an die lokale Regierung und Förderer.
Shi, vom Shaolin Kloster hat die Zentralregierung gebeten, die Gebühren, welche seit über 10 Jahren erhoben werden, abzuschaffen, weil sie den über 1’000-jährigen Wallfahrtspfad und die Pilger blockiert. Er hatte keinen Erfolg, seine Petition wurde blockiert. Denn 70% der Gebühren zum Betreten des Shaolin Klosters gehen an die lokale Regierung und Förderer.
Im Jahre 2014 schlossen in den Jizushan Mountain im Südwesten des Landes, in der Provinz Yunnan, 7 Klöster kollektiv ihre Tore für Besucher, aus Protest gegen die touristische Entwicklung.
Die Absicht war auch hier, Eintrittsgelder zu verlangen. Dank der medialen Aufmerksamkeit gelang es diesen Klöstern, die Eintrittsgelder abzuwenden.
«Wen der Eintrittspreis aufgehoben wird, wer wird dann am stärksten leiden?» fragt Gao und antwortet gleich selbst. «Nicht die Klöster. Den Klöstern geht es nur besser, wenn die Gebühren aufgehoben werden. Am meisten werden diese drei staatlichen Abteilungen leiden, die von den Eintrittsgeldern am meisten profitieren.
Abt Haixin runzelt die Stirn und schüttelt den Kopf. «Es geht nicht um Geld, sondern um die Herzen der Menschen», sagt er. «Es gibt eine Botschaft: Wenn sie arm sind, dürfen sie ihre Huldigung an Buddha nicht vollziehen. Es ist eine ungeschriebene Beleidigung für diejenigen, die es sich nicht leisten können. Es geht nicht mehr um 238 Yuan, sondern um Diskriminierung und respektlose Menschen.»
Der Abt fügt weiter hinzu: «Hat die Regierung den Berg gebaut? Hat ihn das Kloster gebaut? Wenn nicht, hat niemand ein Recht, eine Gebühr zu verlangen. Wir haben uns so sehr auf die wirtschaftliche Entwicklung konzentriert, dass wir spirituelle und religiöse Dinge ignorieren. Der Buddhismus soll die Herzen der Menschen retten, aber schaut was daraus geworden ist.»